Die TES-Reprints

Meine erste Begegnung mit Carl Grunert hatte ich ca. 1974. Damals las ich den SF-Band Das Zeitfahrrad. Nun, seine Geschichte (die Titelgeschichte) war nicht schlecht, aber vom Hocker gerissen, wie man so sagt, hatte sie mich nicht.

Etwa 1978 hielt mir ein Schulfreund das Buch Der Marsspion unter die Nase – ein mächtig altes Werk, da unserer Meinung damals die SF erst in den sechziger Jahren so richtig begonnen hatte. Natürlich gab es Jules Verne – sein U-Boot war auch ganz toll – aber wirkliche SF war das offensichtlich nicht. Im deutschen Sprachraum hatte es außer Scheerbarth und Lasswitz eh’ keine SF gegeben und so richtig waren diese auch nicht lesbar.

Dennoch verlor ich Grunert nicht mehr aus den Augen. Um 1982 fand ich in Claus Ritters Büchern zur deutschen Vorkriegs-SF Inhaltsangaben zu mehreren Erzählungen, ebenso erschienen zu dieser Zeit vereinzelte Geschichten in Sammelbänden klassischer SF. 1988 kaufte ich mir endlich eine ‚Praktika MTL 5B’ – einen ausgezeichneten Fotoapparat aus Dresden – und borgte mit den schon erwähnten Band. Ich habe noch heute meine handgemachte Fotokopie auf doppelseitigem Fotopapier.

Die Wende kam und mit ihr tausende Taschenbücher, die gelesen werden wollten. Und so dauerte es bis 1995, bis ich in einem Katalog des Versandantiquariats Beyer aus Monheim wieder auf Carl Grunert stieß. 35,00 DM sollte Der Marsspion kosten – viel Geld, wenn man eine Familie mit zwei Kindern gegründet hatte. Meine Buchkäufe bewegten sich damals im 5 DM-Bereich.

Glücklicherweise redete mir meine Frau gut zu und bald hielt ich den ersten Grunert in den Händen.

Einige Jahre später beendete das Antiquariat seine Aktivitäten im SF-Bereich und bot einige Bücher mit 40 % Rabatt an. Unter anderem auch Feinde im Weltall, trotz Rabatt noch immer zum satten Preis von 140 DM. Wieder musste mir meine Frau gut zureden, aber dann kaufte ich den Band.

Da ich mich schon längere Zeit mit der Herstellung von Kleinstauflagen beschäftigt hatte, beschloss ich, von diesem Buch einen Reprint herzustellen. Das Buch selbst verkaufte ich bald wieder, ein so teures Buch wollte ich nicht in meiner Sammlung behalten.

Und plötzlich begann mich dieser Naumburger Autor zu faszinieren. Wenn ich seine Geschichten las, hatte ich plötzlich das Gefühl, in meine frühe Jugend zurückzukehren, ich erinnerte mich an Familienabende in der Wohnung meiner Großeltern, in denen ich in der Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens schmökerte – den vorliegenden Jahrgang 1928 kannte ich bald auswendig, aber interessanterweise hatte ich damals Freksas Die Mongolei im Winterschlaf nicht als SF wahrgenommen, vielmehr faszinierten mich die Geschichte von Atlantis oder die Western-Erzählungen. Gern hätte ich von Grunert mehr gelesen, aber die anderen Bücher waren einfach nicht zu bekommen.

Etwa 1999 kam mir ein neuer Gedanke. Da ich inzwischen wusste, dass einige Erzählungen Grunerts im Reclams Universum erschienen waren, schaute ich in der Erfurter Bibliothek nach diesen Bänden. Und ich wurde fündig! Der schreibende Affe und Im Fluge zum Frieden, dazu noch Der Mann aus dem Monde als Zugabe von Heinz-Jürgen Ehrig und Die Maschine der Theodulos Energeios aus dem Neuen Universum. Ein Grunert-Band erschien – Der schreibende Affe – auf dem Kopierer hergestellt. Kurze Zeit später bekam ich noch einen Tipp, wo ich den fehlenden Band Reclams Universum kaufen konnte und so fand ich noch die letzte Erzählung Mr. Infrangibles Erfindung und der erste echte Reprint entstand: Die Maschine der Theodulos Energeios.

2002 konnte ich Menschen von Morgen erwerben und einige Zeit später wurde mir freundlicherweise Im irdischen Jenseits zur Verfügung gestellt. Da diese Kopie leider nicht als Reproduktionsvorlage geeignet war, tippte ich sie ab und setzte sie neu. Viel Arbeit, die mir aber später bei der Zusammenarbeit mit Dieter von Reeken zu Gute kam.

Scheinbar lagen nun alle Grunert-Erzählungen vor – hätte mir nicht Heinz Jürgen Ehrig verraten, dass er eine Kopie der Gelösten Probleme erhalten hatte. Allerdings war der Text zu kurz für einen Band.

2005 – inzwischen hatte Dieter von Reeken mit der Neuausgabe der Grunert-Bände begonnen – tauchte ein neuer Text bei Ebay auf: Das weiße Rätsel. Zugleich bekam ich eine sehr schöne Mail von Dr. Carl-Heinz Grunert – einem Urenkel des Autors. Er gab uns eine Reihe sehr interessanter Informationen über seinen Vorfahr, dessen Lebensumstände bis dahin kaum bekannt waren. Auch für die Fotografie Carl Grunerts möchte ich an dieser Stelle danken. Zusammen mit dem Text Abenteuerliche Reisen mit der Zeitmaschine – eine deutsche Variante von Pierre Maurignacs Abenteuer (erschienen ca. 1925 in Meidinger’s Knabenbuch) – und dem Nachwort und Bibliographie von Dieter von Reeken erschien der letzte Reprint-Band Das weiße Rätsel.

Das Buch Der Marsspion wollte ich nicht produzieren, da dieser Band häufig in Antiquariaten angeboten wurde.

Scheinbar waren nun alle Science-Fiction-Texte Grunerts wieder erhältlich – doch das war falsch gedacht!

Kurz nachdem ich die ersten Bücher hergestellt hatte, fand ich bei Ebay den Gedichtband Was die Stunde sprach mit dem SF-Gedicht Der letzte Mensch. Weiterhin wurde eine unbekannte SF-Erzählung entdeckt: Der Ätherseelenmensch – Grund genug, 'Das weiße Rätsel' in einer erweiterten Ausgabe zu produzieren.